Fang bei dir selbst an

Nicht das ist schuld, dass dich die Weise oder die Dinge hindern:
du bist es (vielmehr) selbst in den Dingen, was dich hindert,
denn du verhältst dich verkehrt zu den Dingen.

Darum fang zuerst bei dir selbst an und laß dich! Wahrhaftig, fliehst du nicht zuerst dich selbst, wohin du sonst fliehen magst, da wirst du Hindernis und Unfrieden finden, wo immer es auch sei. Wer da Frieden sucht bei äußeren Dingen, sei’s an Stätten oder in Weisen, bei Leuten oder in Werken, in der Fremde oder in Armut oder in Erniedrigung – wie eindrucksvoll oder was es auch sei, das ist doch alles nichts und gibt keinen Frieden. (…) Aber, was soll er denn tun? Er soll zuerst sich selbst lassen, dann hat er alles gelassen. Fürwahr, ließe ein Mensch ein Königreich oder die ganze Welt, behielte aber sich selbst, so hätte er nichts gelassen. Läßt aber ein Mensch von sich selbst ab, was immer er auch dann behält, sei’s Reichtum oder Ehre oder was immer, so hat er alles gelassen.

Aus: Meister Eckehart, Deutsche Predigten und Traktate. Hrsg. u. Übers. v. Josef Quint, Zürich (Diogenes) 1979 (Taschenausgabe), S. 55f.


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